Konzept

Waldprojekt der Grundschule Ulmtal

Konzept und Durchführung: Heiko Schwarz, SfEH

Hauptanliegen des Projekts: Den Wald als erweiterten (Er-)Lebens- und Erfahrungsraum nutzen  

Warum regelmäßig mit Kindern in den Wald gehen ?

Enwicklungs- und Förderpotential

Im Wald besteht die ideale Möglichkeit, die Kinder einem ganzheitlichen Entwicklungsprozess zu unterziehen:

Bewegung:  Es gibt vielfältige Möglichkeiten sich frei zu bewegen, „Im Wald können die Kinder alle zur gleichen Zeit und ohne Zwang ihrem ganz persönlichen Bewegungsbedürfnis nachgehen. Aus eigenem Antrieb können sie dabei Bewegungsabläufe einüben und verbessern.“[1]

Sie können Klettern, balancieren, sich auf versch. Untergründen fortbewegen, graben/buddeln. Dies fördert die Körperkoordination, Orientierung und Reaktionsfähigkeit werden geschult. Fein- und Grobmotorik werden entwickelt durch die verschiedenen Bewegungsformen und auch durch den Umgang mit Naturmaterialien (sammeln und verarbeiten).

Wahrnehmung: „Neben dem Entdecken von Tieren, Pflanzen und Umweltprozessen spielt auch die Sinneswahrnehmung eine zentrale Rolle. Unbekannte Düfte riechen, unterschiedliche Temperaturen spüren, hartes Gestein und weiches Moos fühlen und im Besonderen der Stille des Waldes zu lauschen sind beeindruckende Erlebnisse.“[2]  Sinneswahrnehmung lässt sich hier besonders gut fördern, da zum einen der Alltagslärm wegfällt und eine besonders natürliche Atmosphäre herrscht.

Sprachförderung: Aus vielfältigen Sinneseindrücken, die in der Kunstwelt des geschlossenen Raumes gar nicht imitiert werden können, entstehen zahlreiche Sprachanlässe (aus den Schülern heraus, nicht von der Lehrkraft vorgegeben). Vor Ort beschäftigen sich die Kinder viel intensiver mit einem Thema.

In Rollenspielen entstehen Wortneuschöpfungen, der Wortschatz wird erweitert, bekannte Wörter werden in neue Zusammenhänge gestellt.

Kommunikation: Kinder lernen, ihre Entdeckungen mitzuteilen, sich mit anderen über eigene Erfahrungen auszutauschen, ggf. gemeinsame Ziele festzulegen und zu verfolgen, sich zu streiten oder einigen, Abmachungen auszuhandeln und zu treffen, Konflikte sprachlich zu lösen.

Emotionale Entwicklung:

Die Kinder müssen eigenaktiv werden und ggf. mit sich selbst klarkommen, da die Zeit im Wald nicht durch Programm vonseiten der Lehrerin verplant ist.

Die Fantasie wird angeregt (z.B. in Rollenspielen). Die Kinder haben die Chance, eigene Grenzen zu erfahren, zu erkennen und in eigenem Tempo zu überwinden. Dies führt zu einer Stärkung des Selbstbewusstseins.

Sie haben aber auch jederzeit die Möglichkeit, sich zurückzuziehen und zu entspannen. Die innere Ruhe wird gefördert durch die Atmosphäre im Wald.

Die Kinder entscheiden selbst, womit sie sich in ihrer Waldzeit beschäftigen, in welches Thema/welche Beschäftigung sie sich vertiefen wollen. Sie übernehmen damit Verantwortung für das eigene Tun, bzw. Lernen, was ebenfalls das Selbstbewusstsein stärkt.

Soziale Entwicklung:

Während des gesamten Waldaufenthalts üben die Kinder soziale Interaktion, Kommunikation und Kooperation. Sie müssen sich in kleinen („Interessens“-)

Gruppen organisieren, Streitigkeiten lösen, Absprachen treffen. Sie unterstützen sich gegenseitig bei der Überwindung von Hindernissen und Ängsten. Sie übernehmen Verantwortung für andere, ggf. jüngere Kinder. Dabei bedarf es der Rücksichtnahme und Toleranz. Die Vielfalt an möglichen Spielformen (Gruppenspiele, Partnerspiele, Rollenspiele,…) fördert die Entwicklung dieser Kompetenzen.

Naturkundlicher Aspekt:

Kinder lernen die Natur kennen indem sie eigene Fragen stellen und

Antworten finden. Die können dabei ihrem natürlichen Forscherdrang freien Lauf lassen, bekommen keine Aufgaben von außen.

Sie haben zahlreiche Möglichkeiten für eigene Entdeckungen und Erkundungen. Durch intensive Erlebnisse (mit allen Sinnen) entstehen Fragen, die dann Anlass zur Recherche / Klärung geben, und schließlich ein sehr eindrückliches Bild der Umwelt. Ein bewusster Umgang mit der Natur ist die Folge.

Sachunterrichtliche Themen (z.B. Jahreszeiten, Wetter, Wasser, Bodenbeschaffenheiten, Waldtiere, biol. Kreisläufe, Nahrungskette und in diesem Zusammenhang Leben und Tod, Bestimmung von Pflanzen, Tieren, untersch. Lebensräume, Verhaltensweisen, Fortpflanzung) werden den Bedürfnissen der Kinder entsprechend mehr oder weniger stark gewichtet aufgegriffen und können fächerübergreifend in den Unterricht eingebracht werden.

Spielerisch wird experimentiert und ggf. naturwissenschaftlich gearbeitet (entdeckt, untersucht und festgehalten). Auch die Wirkung von physikalischen Kräften wird erfahren und kann thematisiert werden: z.B. das Ausbalancieren von Stöcken, Mobiles, unterschiedliche Gewichte von Stöcken, Steinen,….

Organisation

Pro Halbjahr gibt es eine Waldgruppe, die ca. 14-tägige einen Tag pro Woche im Wald verbringt.

Der Zeitraum von einem Halbjahr wurde gewählt, weil es Kontinuität erfordert, um Erfahrungen zu vertiefen und die positiven Effekte aufzunehmen, Regelmäßigkeiten zu entdecken, Hemmungen und Ängste zu überwinden, den Wald in unterschiedlichen Situationen (Wetter, Jahreszeiten,..) zu erleben, Gruppenprozesse stattfinden zu lassen.

Die Gruppen werden jahrgangsübergreifend zusammengesetzt, damit die Kinder voneinander profitieren können, sich Interessensgruppen bilden können. Sie kommen aus den üblichen, bekannten Beziehungsstrukturen heraus und haben die Chance, in neuen, ggf. auch wechselnden Gruppen eine neue Stellung einzunehmen, eine andere Rolle zu spielen, sich in anderen Zusammenhängen zu erfahren, andere Stärken und Schwächen an sich wahrzunehmen.

Die Gruppenstärke beträgt ca. 12 Schüler.

Jeder Schüler der Grundschule kann sich ab dem 2. Halbjahr der ersten Klasse für das Waldprojekt anmelden und soll einmal in seiner Grundschulzeit die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen.

Die Gruppe wird geleitet von dem Förderschullehrer Herr Schwarz.

Die Waldbesuche finden bei jedem Wetter (außer Gewitter) statt. Viele Wetterphänomene können im Wald in ihrer ganzen Urgewalt erlebt werden. Auch der Wechsel der Jahreszeiten wird eindrücklicher.

Ablauf der Waldtage:

Es gibt ein ritualisiertes Rahmenprogramm, das den Kindern Sicherheit und Orientierung gibt.

Die Schüler treffen sich zur ersten Stunde in der Schule. Hier bekommen sie zunächst einen Überblick über den Tag und haben die Möglichkeit, Wünsche, Ideen, Bedürfnisse zu äußern.

Der Aufenthalt im Wald besteht in der Regel aus zwei Phasen: zum einen bekommen die Kinder möglichst viel Zeit, sich frei im Wald zu beschäftigen ohne Aufgaben, Impulse von außen. Darüber hinaus gibt es immer eine Aktivität (kooperative Spiele, Waldpflege,…), die von der Fr. Weiher oder H. Schäfer angeleitet, bzw. vorbereitet sind. Die Schüler entscheiden mit, welche Phase sie wann möchten und dementsprechend, ob sie in der ganzen Gruppe frühstücken oder individuell.

An einer mit den Kindern gemeinsam ausgesuchten Stelle im Wald wird eine Sitzgelegenheit geschaffen (Waldsofa), wo gemeinsame Aktionen beginnen, Abläufe besprochen werden, gemeinsam gefrühstückt werden kann, ….

Im Anschluss an den Aufenthalt im Wald treffen sich die Schüler noch einmal in der Schule, um dort ihre Erlebnisse zu reflektieren und in Form eines Waldtagebuchs festzuhalten. Hier haben sie auch die Möglichkeit, aufgekommene Fragen mit Hilfe von Büchern und Internet zu beantworten.

In regelmäßigen Abständen sollen die Kinder Gelegenheiten haben, ihre Erlebnisse, Erkenntnisse und Ergebnisse den Mitschülern und Eltern präsentieren zu können.


[1] Godau, Michael: Der Wald ist voller Wörter. Ganzheitliche Sprachförderung in der Natur. Mühlheim an der Ruhr, 2009. S.9

[2] ebda, S.9.